Catholicism Wow Eine größere Sünde als häretisch zu sein, ist es, langweilig zu sein.

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26. August 2005 Deutsche Stillosigkeit  Ich bin weit davon entfernt, den WJT als absoluten Reinfall abzuqualifizieren, aber einige - aus meiner Sicht sehr deutsche - Stillosigkeiten haben ihn mir schon ein wenig vergällt. Nach jahrzehntelangem Erdulden des "deutschen Katholizismus" hatte ich vielleicht einfach zu viel vom Weltjugendtag erwartet.
Fetten Respekt an die Organisatoren, daß es ihnen gelungen ist, für ein ursprünglich mal so unhippes Event wie den durch den "greisen Oberreaktionär" JPII initiierten Weltjugendtag finanzkräftige Sponsoren zu finden. Und den "Markendiskounter" offensichtlich sogar noch in letzter Minute, denn im Programmheft ist er gar nicht erwähnt. Auch gar nicht ungeschickt, die alkoholfreien Getränke exklusiv von der quasi unbekannte Marke "Sinalco" anzubieten, das dürfte ein nicht zu unterschätzender Werbeeffekt für diese Firma gewesen sein.
Aber dann geht's auch schon los: auf diese Mütze hätte man nun wirklich verzichten müssen - die ist und bleibt einfach peinlich.
Der Höhepunkt der Sponsorenpeinlichkeit aber bildete das "allerheiligste Altarsakrament - gesponsort von Sinalcooooo!". Und nein, das sieht nicht nur auf dem Bild so aus, sondern jeder Kommunionspender wurde von einem freundlichen Helfer begeleitet, dessen Aufgabe darin bestand, den Sinalco-Schirm so zu halten, daß man ihn sehen konnte. Eine liturische Frechheit allerersten Ranges.
Die größte Teil der Musik von Vigil und Messe ist bereits an anderer Stelle korrekt als "banaler Dudelpop" klassifiziert worden (auch wenn ich damit einen der treuesten Leser dieses Blogs verärgern werde) und auch die FAZ schließt sich dem mit treffend spitzer Feder an: "Immer wieder spielen Chor und Orchester deutschen „Sakro-Pop”, gefühlige Musik, die weder zu Herzen geht noch die Menschen in Bewegung setzt." Die sinnvolle Alternative wäre meiner Meinung nach nicht gregorianische Choräle, sondern WJT-Schlager wie "We wanna see Jesus lifted high" gewesen - dann aber bitte auch nicht in diesem belanglosen Synthie-Arrangement, das die wenigen schönen Lieder auch noch verdudelt hat.
Und zuletzt ärgerlich am WJT: die Deutschen. Während der eucharistischen Anbetung mit Bierflasche Foto vor der Kolpingfahne, während der Messe auf dem Boden liegen, rauchen, Bier trinken, Gummibärchen und das Mittagessen vertilgen. Aber dann, wenn der Mann mit dem Sinalco-Schirm kommt, schnell noch den Keks abholen wie die anderen auch.
Wie gesagt, ich hatte wohl zu viel erwartet.
Aber ich will nicht ungerecht sein: ich habe in der selben Nacht auch kleine Wunder erlebt: Jugendliche, die unbedingt "jetzt mal" den Rosenkranz beten wollten, und Jugendliche, die plötzlich beichten gegangen sind (obwohl die letzte Beichte meist vor der Erstkommunion lag). Und das ist ohne Zweifel ein massiver Erfolg des Weltjugendtages.

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Kommentare:

Ich sehe ja ein, dass Sponsoring sein muss, aber in eine Messe gehört Sponsoring definitiv nicht hinein. In einen evangelischen Gottesdienst übrigens auch nicht, aber das nur der Vollständigkeit halber. Und wenn die Jugendlichen während der Messe rauchen oder ihr Mittagessen verzehren, dann müsste man ihnen vielleicht mal nahebringen, dass Gottesdienst etwas Heiliges ist. Vielleicht hat unserer Jugend das einfach niemand beigebracht. Das würde dann als Kritik auf die jeweilige Elterngeneration zurückfallen.


Trotzdem gilt natürlich: jeder ist bei Gott willkommen, und ich hoffe, dass das auch so vermittelt wurde beim WJT (ich selbst war ja nicht dabei).
Dr. Matthias O. Will () (URL) - 27 August '05 - 08:54


Nur der Vollständigkeit halber: das waren keineswegs nur Jugendliche. Der Typ, der während des Hochgebets fröhlich sein Mittagessen zu sich nahm, war ungefähr 60.
Dybart Simpson - 27 August '05 - 11:32


Danke für den Hinweis. Vielleicht hat diese Person das Ganze für so eine Art frommes Woodstock gehalten? Oder vielleicht war das ein nicht christlich sozialisierter Berufsjugendlicher? Oder einer, der sich für antiautoritäre Erziehung begeistert hatte damals, als das aufkam? (Vielleicht führen ja meine Spekulationen doch etwas zu weit …)
Dr. Matthias O. Will () (URL) - 27 August '05 - 12:06


Es waren jedenfalls alles “Volunteers”.
Dybart Simpson - 27 August '05 - 12:21


Ich glaub, ich würd mich (trotz allem negativem, wozu ich jetzt nicken könnte) gern mal zu den kleinen Wundern melden. Meine letzte Beichte lag zwar nicht vor der Erstkommunion, dafür aber die vorletzte. Für den WJT-Samstag hab ich mir etwas wie eine Lebensbeichte vorgenommen, und ich kann gar nicht sagen, wie überwältigend es war, danach auf das beleuchtete Feld zu treten und um mich herum so viele andere zu wissen, denen es genauso ging.
Mein (von klein auf protestantischer) Freund war auch sehr, sehr berührt und angetan von allem und hat sehr viel zum Nachdenken mitgenommen. Was noch? Die kleinen Wunder vielleicht in der Woche darauf, wenn Leute in Läden und bei der Arbeit meinen Pilgerrucksack gesehen haben, und mich darauf angesprochen haben, wie sehr sie die Messe im Fernsehen bewegt hat, und mich drüber ausgefragt haben, wie mir es dabei ging, so live. So intensiv konnte ich, soweit ich mich erinnere, noch nie davon erzählen, wie ich meinen Glauben erlebe.


Naja… sparen für Sidney, was sonst?
Serene - 28 August '05 - 15:55


“(auch wenn ich damit einen der treuesten Leser dieses Blogs verärgern werde)” -> Bin ich damit gemeint :)? Danke, ich fühl mich geehrt!


Aber ich bin nicht verärgert, eher verwundert. daß man, sich über den Dudelpop (den ich eben sogar besser als denselben 97 in Paris und 2000 in Rom fand!!!) so aufregen kann, aber vielleicht wurd ich auch nur von unserer grottenschlechten Schola schon abgehärtet :)
FingO () - 29 August '05 - 13:52


Ehre, wem Ehre gebührt.
Dybart Simpson - 04 September '05 - 16:29





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