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19. September 2006 Exklusiv-Interview mit Mickie Krause
Mickie Krause: Die Kirche braucht nachahmenswerte Persönlichkeiten
Ein Interview mit Mickie Krause über Glaube, Kirche und „Laudato si“
Bild: Dirk Vorderstraße
Mit seiner Partyversion von "Laudato Si" hat Mickie Krause dafür gesorgt, daß der klerikale Kinderhit nicht nur in keinem Kindergottesdienst, sondern auch in keiner Disko auf Mallorca fehlen darf. Im Interview mit Catholicism Wow spricht er über Glaube, Kirche und "Laudato Si".
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Entertainer Mickie Krause: "Kirche kann ohne Kirchensteuer nicht funktionieren."
Bild: mickiekrause.de
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Catholicism Wow: Ok, folgendes: in einem Video auf ihrer Seite kann man sehen, wie Sie während einer
Veranstaltung - wohl im zeitlichen Umfeld des Weltjugentages -
acapella "Laudato Si" anstimmen - und sofort sind alle Ihre Fans
dabei. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, aus "Laudato si" einen
Partyhit zu machen?
Mickie Krause: "Laudato Si" kenne ich noch aus meiner Pfadfinderzeit. Dort haben wir den
Song allabendlich am Lagerfeuer gesungen und immer wieder neue Strophen
erfunden. Irgendwann habe ich einmal spontan bei einem Auftritt den Song
Acapella angesungen und war überwältigt, wie viele Leute den Song
kennen. Habe dann den Song häufiger getestet, bis mir die Idee kam, den
Song zu produzieren.
CW: Worin sehen Sie den Grund dafür, daß das Lied so gut ankommt?
Mickie Krause: Der Song ist bei Jung und Alt bekannt und hat einen sehr eingängigen
Refrain. Einfacher gesagt ist der Song ein "GUTE Laune Song", und die
will ich ja verbreiten.
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CW: Sie sind Jahrgang 1974, wenn man der Wikipedia glauben kann. Dann
kennen Sie "Laudato Si" noch aus Ihrer eigenen Kindheit?
Mickie Krause: Wie bereits
erwähnt, war ich früher bei den Pfadfindern und sogar im
Jugendliturgiekreis. Ich habe früher regelmäßig an Zeltlagern
teilgenommen- aber keine Angst,Titel wie "kleines Senfkorn Hoffnung"
oder die "Sache Jesu braucht Begeisterte" werde ich textlich nicht
verändern!
CW: Sie sind sonst nicht unbedingt für zimperliche Texte bekannt, wie
etwa bei "Zeig doch mal die Möpse", auch wenn es hierbei natürlich um
Fischereiprodukte und Hunderassen geht. Gab es irgendwelche Probleme,
an die Rechte für das Lied zu kommen, etwa wegen Bedenken gegen einen
überarbeiteten Text?
Mickie Krause: Nein gab es nicht, es handelt sich hier um ein
Traditional. Wir haben lediglich den Text bearbeitet, also keine Rechte
an der Komposition! Übrigens, "Zeig doch mal die Möpse" ist 6 Jahre her -
auch ich habe ein Recht auf Veränderung!
CW: Der Text hat hier und da relativ dadaistische Tendenzen: "Sei
gepriesen für zwei- und dreimal Niesen." oder dreimal hintereinander
"Sei gepriesen für Poldi und für Schweini". Wie kommen Sie auf solche
Texte?
Mickie Krause: Den Text zu "Laudato Si" habe ich mit einem Kumpel (zahlt keine
Kirchensteuer) am Strand geschrieben. Innerhalb weniger Minuten war der
Song fertig! Oft muss man nur die Leute beobachten, und schon hat man
wieder eine Idee für einen neuen Song. Der Erfolg liegt in der
Einfachheit! Und Poldi und Schweini müssen wir ja wohl wirklich danken.
Ab und zu hilft es natürlich auch mal einen zu trinken, um eine gute
Idee auszuarbeiten!
CW: Im Original heißt es "Du bist wunderbar, Herr", bei Ihnen lautet der
Text "Du bist wunderbar, yeah!" Was steckt hinter der Änderung?
Mickie Krause: Mit der Änderung wollte ich mich vom eigentlichen Original entfernen.
Für mich ist der Song, wie ich ihn singe, ein reiner Partysong. Ich
möchte mich nicht beim Herrn für Wodka und Barcadi bedanken, obwohl es
meiner Ansicht nach völlig legitim ist, dem Herrn hierfür zu danken!!!
Ich möchte mich über niemanden lustig machen und auch nicht blasphemisch
erscheinen. Deshalb habe ich den Bezug zum Herrn komplett rausgelassen!
CW: Hat sich bisher jemand ernsthaft über Ihr Lied beschwert?
Mickie Krause: Nach meinem
Auftritt im ZDF Fernsehgarten gab es einige verärgerte Anrufe. Eltern
mussten ihren Kindern die Ohren zuhalten. Da sieht man mal wieder wie
konservativ der ein oder andere Kirchgänger sein kann! Andere sprachen
natürlich auch von Blasphemie. Ich fand den Auftritt grossartig und habe
mich sehr gefreut, daß das ZDF mich mit Laudato Si eingeladen hat.
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CW: In einem Video sagen Sie: "Wer soviel Kirchensteuer
zahlt wie ich, der darf auch Kirchenlieder singen." Zahlen Sie noch
Kirchensteuer?
Mickie Krause: Ja, ich bin so doof!
Ich zahle Kirchensteuer, weil ich es für sinnvoll halte, die
Organisation Kirche zu unterstützen. Es ärgert mich zwar immer wieder
neben der Kirchensteuer hohe Kindergartenbeiträge für einen katholischen
Kindergarten zahlen zu müssen, aber auch da bin ich ja nicht der
Einzige! Kirche kann ohne Kirchensteuer nicht funktionieren. Deshalb
zahle ich Kirchensteuer.
CW: Hat die Kirche eine Bedeutung für Ihr persönliches Leben? Spielt Gott
darin eine Rolle?
Mickie Krause: Natürlich spielt die Kirche für mich eine Rolle,
allerdings nicht mehr eine so große wie beispielsweise in den 80er
Jahren, als ich z.B. regelmäßig nach Taize gefahren bin oder an der
Organisation von Jugendgottesdiensten in meinem Dorf mitgewirkt habe.
Ich hab schon relativ früh zu Gott gefunden und bin froh darüber, nicht
immer wieder nach ihm suchen zu müssen. Ich hab auch nicht den Glauben
an die Kirche verloren, denn dann hätte ich meine Kinder nicht taufen
lassen und würde mir von der Kirchensteuer ein schickes Auto kaufen.
Wenn ich Gott brauche, ist er für mich da- aber Gott sei Dank brauch ich
ihn kaum! Er beschützt mich und meine Familie ganz hervorragend!
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Entertainer Mickie Krause: "Die Kirche braucht nachahmenswerte Persönlichkeiten."
Bild: mickiekrause.de |
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CW: Wenn man von geringen positiven Tendenzen nach dem Weltjugendtag und
dem "Wir sind Papst"-Effekt absieht, hat die Kirche keinen
nennenswerten Einfluß auf die heutige Jugend. Worin sehen Sie Gründe
für dieses schlechte Verhältnis?
Mickie Krause: Die Kirche braucht nachahmenswerte
Persönlichkeiten, Menschen zu denen man hinaufschauen kann! Damit meine
ich nicht Helden, wohl aber Vorbilder. Vorbilder zum Beispiel im
täglichen Umgang miteinander. Was bringt (auch nur ein Beispiel) mir ein
Pastoralassistent/Referent/Seelsorger/Diakon... wenn er mit sich und
seiner Familie nicht klarkommt und mir einen vom "Miteinander" und von der
"Gemeinschaft der Kirche" vorgaukelt! Das ist für mich Blasphemie!
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Leute, die im Dienste der
Kirche tätig sind, total weltfremd sind und vergessen haben, für wen sie
ihren Job machen - als Selbsttherapie oder für die Gemeinschaft? Wir
brauchen Menschen, die Kirche machen, Kirche bewegen und verändern!
Deshalb habe ich früher jahrelang Jugendarbeit gemacht und kann
behaupten, Kirche bewegt zu haben. Wer Kirche verändern will, muss
Mitanpacken und nicht darauf warten, dass andere dieses erledigen.
Ich möchte aber zum Schluss auch noch erwähnen, dass es viele tolle
Leute in der Kirche gibt. Unser Pastor zum Beispiel ist der absolute
Hammer. Er gehört zu den Priestern, die es verstehen, ihre Gemeinde zu
begeistern und zu bewegen. Mit ihm werde ich übrigens bei der Taufe
meiner dritten Tochter Laudato Si singen, allerdings dann die
Originalstrophen.
Meinen Kritikern aus den Reihen der Kirche kann ich nur sagen:
Verschwendet nicht Eure Zeit, mich und meine Songs zu kritisieren oder
gar zu verachten. Ich bewege mit meinen Songs und auch mit "Laudato Si"
häufig mehr als manch eingeschlafener und von mir bezahlter
Kirchenmensch. Ich verstehe es, dass Publikum zu unterhalten und
manchmal auch zu begeistern. Meine Botschaft lautet "Feiern". Und das
Feiern hat die Kirche ziemlich verlernt!
CW: Vielen Dank für das Gespräch! |
Das Interview wurde per eMail geführt.
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