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05. Dezember 2009 OMFG! Opus Dei-Comic mit Josefmaria Escriva als Comichelden! Ich kenne ja Leute, die haben das Hauptwerk des Hl. Josefmaria Escriva
im
Regal stehen, allein
schon um zu zeigen, ich bin auf keinen Fall einer von
denen. Während wir natürlich das Konzept der
Distinktion durch symbolischen Buchbesitz voll und ganz unterstützen,
wären wir nicht Catholicism
Wow, kennten wir nicht eine popkulturelle Variante,
um den selben Effekt auf geistlich einfachere Weise zu erzielen. In
diesem Fall ist es der Opus
Dei-Comic "Quer
durchs Gebirge" über das Leben des Hl.
Josefmaria Escriva.
Der Zeichenstil des Comic orientiert sich an der belgischen ligne claire,
erinnert also den in Comics, aber nicht in theoretischer Literatur über
Comics bewanderten Leser an Tim
und Struppi. Inhaltlich folgt die Handlung dem Leben des
Heiligen Josefmaria und damit gleichzeitig auch dem Aufbau des Opus
Dei. Er beginnt mit Josefmaria als jungem Kaplan und endet - wie es
sich für
einen Comic über einen Heiligen gehört - mit der feierlichen
Kanonisation auf dem Petersplatz. Dabei wird naturgemäß auch die
massiven Verfolgungen der Kirche mit tausenden Opfern im Klerus während
des spanischen Bürgerkriegs durch die sogenannten "Republikaner"
thematisiert. Der Schwerpunkt in dieser Zeit liegt aber in der
Schilderung, wie der
Heilige Josefmaria und seine Freunde dieser Bedrohung immer wieder
entkommen konnten. Zuletzt flieht er mit einigen Anhängern und Freunden
"Quer durchs Gebirge"
nach Andorra. Nach dem Ende des Bürgerkrieges folgt der Comic dem
weiteren jahrzehntelangen Aufbau des Opus durch seinen
Gründer.
Graphisch ist der Comic überaus gelungen, wenn auch an einigen wenigen
Stellen der Computer zur Unterstützung eher unglücklich eingesetzt
wurde. Auch das
Lettering ist professionell umgesetzt und bietet keinerlei Anlaß zu
Kritik oder mißbilligend hochgezogenen Augenbrauen.
Das storytelling
hingegen irritiert an manchen Stellen den unbedarften Leser. Während
man der Geschichte im großen und ganzen gut folgen kann, finden
sich immer wieder kurze Abschnitte, bei denen der Leser den Beginn
eines Handlungsbogens erwartet, der dann aber abbricht bzw.
unvermittelt endet.
So schildert der Comic über eine Seite, wie ein kommunistischer
Arbeiter den Heiligen in der Straßenbahn anrempelt, um die schwarze
Soutane zu verdrecken. Der junge Priester Josefmaria reagiert darauf,
indem er den Arbeiter besonders fest an sich drückt, so daß die Soutane
noch viel dreckiger wird. Der Leser, der hierin den Auftakt einer
längeren Handlung erwartet, wird allerding entäuscht. Die Episode endet
hier, wird nie wieder aufgenommen oder erklärt. Vermutlich stellt sie
eine Lektion in Demut im Denken des Heiligen Josefmaria dar, das aber
ist ein Schluß, zu dem der Leser selber kommen muß.
Fazit:
leichte Schwächen im storytelling,
graphisch und technisch
herausragend.
Oder um es im Stil entsprechender säkularer
Comic- und Kuriositätenblogs zu sagen:
OMFG! Ein Opus Dei
Comic! Aus dem Opus-Hausverlag! OMG! Opus-Gründer Escriva als
Comicheld! OMFG!! Kaufen!
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Quer durchs Gebirge. Das Leben des heiligen Josefmaria.
Köln 2005 (Adamas).
80 Seiten.
12,90 Euro.
ISBN 978-3925746659 |
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Kommentare:
Der Comoc erscheinz mir genial, nur finde ich leider viel zu oft Berichte von OD-Aussteigern, die mir ein nicht so tolles/schreckliches Bild von OD vermitteln. Z. B. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14.. und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14..
Ich finde die Spiritualität des Opus großartig, aber einige innere Strukturen erscheinen mir dann doch gräßlich.
Was sagst du dazu?
Ic
Ulrich - 05 Dezember '09 - 19:41
das lc hat nichts zu bedeuten, ist ein tippsel.
Ulrich - 05 Dezember '09 - 21:03
und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14..
Ulrich - 06 Dezember '09 - 08:51
Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn das hier ist ja schließlich kein geheimer Opus-Blog, so daß ich über keinerlei Insiderwissen verfüge.
Zum Verständnis des Opus scheint mir wichtig zu sein, sich folgendes klarzumachen: das Opus Dei ist keine Studentenverbindung oder eine besonders fromme KJG – das Opus Dei ist ein Orden, bei dem die evangelischen Räte Armut, Keuschheit und Gehorsam sehr ernst genommen werden. (Kirchenrechtlich ist das Opus natürlich kein Orden, mir geht es hier nur um das Verständnis.) Wer also Numerarier wird, tritt praktisch einem strengen Kloster bei. Vor diesem Hintergrund werden dann auch einige zunächst sehr irritirende Praktiken im Opus verständlich: wer einem Orden beitritt, lebt fortan im Kloster und wird seine Eltern kaum noch sehen können. Wer einem Orden beitritt, ordnet sich seinem Oberen in geistlichen und in praktischen Fragen unter und gibt sein Geld dem Kloster ab. Und zuletzt: wer ins Kloster geht, lebt ehelos und muß natürlich auch darauf achten, dieses Gelübde nicht zu gefährden.
In der Spiritualität des Opus scheint neben dem Gehorsam das Opfer eine besonders herausragende Bedeutung zu haben. Dies zeigt sich in der Wichtigkeit kleiner Abtötungen (Zucker im Kaffee, wenn man eigentlich schwarz trinken möchte) und natürlich im legendären Bußgürtel. Dies alles gilt allerdings in erster Linie oder auch ausschließlich für die Numerarier, also den innersten Kreis des Opus.
Als Supernumerarier ist man hingegen verheiratet und ist damit seiner Familie verpflichtet, so daß man eher zum erweiterten Kreis des Opus gehört.
Da Catholicism Wow klar dem FUN -Flügel des katholischen Fundamenatlismus zuzurechnen ist, könnte ich niemals Numerarier im Opus werden – allerdings ebensowenig Mönch in einem Orden.
Andererseits muß man auch klar sehen, daß das Opus theologisch ein sicherer Hort der Orthodoxie ist: man wird in einem Vortrag oder einer Predigt des Opus keine Häresie finden können und kann sich sicher sein, daß weder Evangelium noch Gabenbereitung getanzt werden. Und: das Opus hat unzweifelhaft einen Haufen guter Leute. Mehrere wichtige und kluge Leute des (eher kleinen) konservativen Flügels der deutschen Kirche sind in der einen oder anderen Weise dem Opus zuzurechnen.
Und zum guten Schluß hat das Opus natürlich auch exorzistischen Charakter: mit einem Schlüsselanhänger des heiligen Gründers kannst Du Dir sicher sein, daß die sprichwörtliche Pastoralreferentin von Köln-Zollstock nichts mit Dir zu tun haben will.
Dybart Simpson - 06 Dezember '09 - 13:21
Vielen Dank für deine Antwort, die Antwort macht einiges plausibler. Ich hätte dich auch nicht dem Opus zugeordnet, deine Fun-Ausrichtung wird schon deutlich – und dadurch auch so einzigartig. Die Abtötungsübungen erschließen sich mir, danke dennoch noch einmal für deine Erklärung, mit dem Bußgürtel hatte ich auch kein echtes Problem. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass zum Beeispiel Kant auf dem Index bei denen steht, ich meine, ich würde meinen Glauben selbst bei Dawkins nicht verlieren – hoffe ich zumindest ^^.
Aber vielleicht erklärt sich das auch eben aus der Disziplin, der man sich unterwirft.
Der Abschreckungseffekt ist natürlich auch nicht schlecht. Und vernünftige Liturgie ist immer hochzuschätzen.
Ja, das ist es dann wohl, danke. Der Ordensvergleich hat da dann noch mir den letzten fehlenden Schritt erschlossen.
Keep up the good work, Dybart!
Ulrich - 06 Dezember '09 - 13:43
Hmm, nur noch eine Frage stellt sich mir: Warum will das OD von seinen Mitgliedern, dass sie 2 neue pro Jahre dazubringen (zum ‘pfeifen’ bringen)?
[Ulrich] - 07 Dezember '09 - 17:00
Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich vermute, daß es sich dabei einfach nur um ein mehr oder minder effizientes Mittel der Mitgliederwerbung handelt.
Dybart - 07 Dezember '09 - 21:27
OK, danke!
[Ulrich] - 08 Dezember '09 - 13:58
Habe jetzt noch eine gute Übersicht über gängige Verdächtigungen und Vorwürfe gefunden: http://multimedia.opusdei.org/pdf/de/vor..
LG
[Ulrich] - 09 Dezember '09 - 19:31
Da ich etwas länger nun mit dem Opus zu tun habe, ein paar Anmerkungen von meiner Seite aus:
1.) Das Opus Dei ist nicht nur kirchenrechtlich betrachtet kein Orden; der Gründer hat sich aus gutem Grund immer geweigert, mit einem Orden/Säkularinstitut verglichen zu werden.
Der Zentrale Gedanke des Opus Dei ist die Heiligung inmitten des Alltages.Die Heiligung der Arbeit und die Heiligung durch die Arbeit sind hier zwei wichtige Stichpunkte – wichtiger als der große Opfercharakter.
Ziel des Opus Dei ist es eben nicht einfach, Gebets- und Busspraxis aus den Klöstern in die Zentren zu bringen und quasi-monatische Enklaven in der Großstadt zu gründen. Die Gebetspraxis und Buße, wie sie in Klöstern gelebt wird, sind Mittel, die dem (Super-)Numerarier helfen sollen, die Heiligung inmitten der Welt zu leben. Dieser Gedanke ist wichtig: die Gebetsformen sind nicht der Spiritualität höchste Stufe des Numerariers, bei allem Respekt vor bspw. der Lectio divina, das Ideal ist, wie es der Gründer im Weg ausdrückte, daß “Eine Stunde studium für den modernen Apostel eine Stunde gebet” seien. Daß man derart auf Gott hin lebt, daß nicht nur die Welt keine Zerstreuung mehr bietet – das wäre noch der Weg des reinen Mystikers, sondern daß die Welt selbst der Weg zu Gott wird. Es ist spät, weshalb ich mich wahrscheinlich scheiße ausdrücke.
Das erklärt dann auch, warum zwar nicht für Numerarier (afaik), aber zumindest für Supernumerarier die Busspraxis recht viele Freiheitsgrade besitzt: Für den einen mag das die Enthaltung von Zucker im Kaffee sein, für den nächsten kälter duschen als gewohnt – und für viele, die “heroische Minute” zu meistern – sprich, einfach mit dem Wecker frisch aufzustehen und wach ein Morgengebet zu sprechen.
In einer weiteren Sache wird der Vergleich mit dem Kloster schwierig: Das Opus Dei kennt keine Klausur und keinen vorgeschriebenen Tagesablauf – gut, die Frühstücks- und meßzeiten etc. Ein Mitglied verpflichtet sich zu bestimmten Frömmigkeitsübungen auf täglicher Basis, wie bspw. den täglichen Besuch der Messe. Viele Numerarier nutzen natürlich die Gelegenheit, wenn der Priester des Hauses die Messe in der Kapelle liest, wenn jedoch jemand bspw. früher bei der Arbeit sein muß, geht er zu einer anderen Messe am selben tag. In der Hinsicht ist ein Numerarier eine wandernde Datenbank betreffs Gottesdienstzeiten in der Diözese.
2.) Die Einteilung in den konservativen Flügel der Kirche mag halbwegs stimmen, aber hier ist zu sehen, daß das Opus Dei nicht gerade zu den eifernsten Verfechtern des Summorum Pontificum gehören – soweit ich es mitbekommen habe, wird in den Zentren des OD der Neue Ritus weiter gefeiert, und ich kenne zumindest einen Numerarier, der nicht gerade der beste Freund der alten Messe ist (d.h. die wiederzulassung duldet, aber selbst lieber Alten Messen fern bleibt). Deshalb, und weil Nichtkatholiken zwar freilich keine Numerarier oder Supernumerarier, jedoch Mitarbeiter werden können, würde ich das OD eher zum modernen Subflügel des konservativen Flügels zählen.
3.) @Ulrich: Das mit dem Index muß man mit dem Gedanken der geistlichen Leitung verstehen. Ein Mitglied des Opus Dei hat, so weit ich weiß, immer einen geistlichen Leiter. Der Index, auf dem auch Bücher von Nietzsche etc. stehen, hat den Sinn, daß bspw. ein Student, wenn er diese Bücher liest, darüber mit seiner GL spricht. Die Idealvorstellung ist, daß die GL ihm dann Literatur mit einer katholischen Antwort darauf empfehlen kann. Aber ja, das ist ein Punkt, der mir auch immer wieder Kopfzerbrechen bereitet. Nicht nur, weil ich gerne die Freihet habe, das zu lesen was ich will, sondern vor allem, weil man in der heutigen Zeit doch eh nie mit dem indizieren hinterherkommen kann – ich mein, wenn man sich ansieht, wie viel Junk das Internet täglich mir zu lesen geben könnte…
FingO () (URL) - 19 Dezember '09 - 01:29
Danke, FingO, sehr interessante Ausführungen!
[Ulrich] - 29 Dezember '09 - 18:02
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