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21. November 2010 Papst und Kondome für Dummies
Was der Papst wirklich gesagt hat:
"Es mag
begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein
Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu
einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung,
um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht
alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es
ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion
beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der
Sexualität liegen.
Frage: Wollen
Sie damit sagen, daß die katholische Kirche nicht
grundsätzlich gegen den Gebrauch von Kondomen ist?
Sie versteht sie
natürlich nicht als tatsächliche oder moralische
Lösung, aber in dem einen oder anderen Fall kann trotzdem die
Absicht, das Risiko einer Infektion zu verhindern, ein erster Schritt
in eine andere Richtung sein, zu einer menschlicheren Art,
Sexualität zu leben."
Was die Aussagen des Papstes alles nicht bedeuten, kann man
in den Analysen der gewohnt inkompetenten deutschen Presse
nachlesen.
Worauf Benedikt in seiner vernünftigen Bemerkung zu einem sehr
komplexen Thema tatsächlich hinweist, das fasst Janet Smith so zusammen,
daß es
eigentlich auch deutsche Journalisten verstehen könnten:
Wenn jemand
einen Überfall auf eine Bank plant und dafür
normalerweise eine Schußwaffe benutzen würde, dann wäre
es für ihn besser, wenn er eine Pistole ohne Patronen benutzen
würde. Dieses Vorgehen würde die Gefahr
tödlicher Verletzungen deutlich reduzieren. Aber es ist nicht
die Aufgabe der katholischen Kirche, potentielle Bankräuber
darin zu schulen, wie sie Banken ungefährlicher ausrauben
können. Und es ist erst recht nicht ihre Aufgabe,
dafür zu sorgen, daß ihnen
Schreckschußpistolen zur Verfügung gestellt werden.
Nichtsdestotrotz zeigt die Absicht des Bankräubers,
das Geldinstitut so zu überfallen, daß nur geringe
Gefahr für Kunden und Mitarbeiter besteht, ein Element
moralischer Verantwortung, das ein erster Schritt zur Einsicht
sein könnte, daß Bankraub an sich unmoralisch ist.
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Kommentare:
Dass der Papst ausgerechnet von männlichen Prostituierten spricht, ist freilich ein kommunikativer Super-GAU. Es ist echt zum Haareraufen.
Benedikt () - 22 November '10 - 17:18
In der Situation übernimmt der Prostituierte aus eigenem Antrieb Verantwortung, indem er entscheidet, die Gefahr einer Ansteckung durch den Gebrauch des Kondoms zu verhindern. Eine weibliche Prostituierte hätte das ganze Beispiel grammatisch und moralisch nur komplizierter gemacht.
Die katastrophale Berichterstattung liegt nicht am Papst, sondern an den verantwortlichen Journalisten, die ganz offensichtlich intellektuell von kirchlichen Themen überfordert sind oder gar nicht erst den Versuch machen, korrekt zu berichten (morbus wensierski).
Dybart - 22 November '10 - 19:06
Diese falschverstandene Kondomaussage war aufjedenfall wirksam. Das Buch hat nach 3 Monaten als erstes Buch Thilo Sarrazin von Platz 1 gestoßen. Wer weiß ob es diesen Platz auch solange halten wird.
Gregorius Braun (URL) - 24 November '10 - 20:45
Ich habe auch ein wenig den Verdacht, daß das die Absicht des “Römischen Beobachters” war. Die Bemerkung des Papstes an sich könnte ja auch für viele wirklich interessant sein. Da von den heutigen Kulturredakteuren wohl niemand mehr Abitur hat, erfährt der treue Zeitungsleser aber nichts darüber, was der Papst wirklich gesagt und gemeint hat. Stattdessen gibt es halt wieder ein Interview mit einem Kirchenreformgreis.
Dybart - 25 November '10 - 10:33
Die Analogie mit dem Bankraub ist ungünstig. Forschrittliche Journalisten könnten dies als eine Stellungnahme zum Streit zwischen Deutscher Bank und MLPD verstehen. Da sollten sie lieber über ihr fiktives Gummistiefelverbot des Papstes in analogie zum ebenso fiktiven Kondomverbot schreiben.
politbuerokrat (URL) - 27 November '10 - 02:14
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