Donaldistische
Kontroverstheologie
Der Beitrag „Wer ist dieser
Mann?“
von Guido Horst im Vatican magazin hat eine unwillige Replik von
Andreas Platthaus in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“
ausgelöst. In dem „Ein Beitrag zur fünften Jahreszeit“
untertitelten Text stellt Horst die These auf, Walt Disney habe als
Freimaurer mittels seiner Comics die Auflösung der traditionellen
Familie betrieben. Neben der offensichtlichen sogenannten
„Veronkelung“ in Entenhausen, die erst in jüngster Zeit durch
die außerhalb des donaldistischen Kanons erfolgte Einführung von
Goofys Sohn Max durch die Erben Disneys durchbrochen wurde, führt
Horst als Beleg auch die weißen Handschuhe an, die viele
Disneycharaktere tragen und nach Horsts Deutung auf in
freimaurerischen Ritualen getragene Handschuhe dieser Farbe
zurückgehen. Außerdem hält der Chefredakteur des „Vatican magazins“
schon zu Beginn seines Artikels mit der Formulierung „Christus kam
nicht bis Entenhausen“ fest, auch nach intensivem Studium
donaldistischer Fachliteratur gäbe es keine Hinweise darauf, dass
das Christentum dort irgendeine Rolle spielt. Tatsächlich blieben
Guido Horsts Recherchen in dem ihm offensichtlich fremden Fachgebiet
des Donaldismus recht oberflächlich, so dass ihm mehrere massive
Fehler unterlaufen. Dogmatisch ungeklärt und gänzlich der
spekulativen Theologie zugehörig ist die Frage, inwiefern das
klassische Christentum überhaupt präsent sein kann auf einem von
anthropomorphen und vernunftbegabten Tieren verschiedener Gattungen bevölkerten Planeten
(neben Enten sind vor allem Mäuse und Hunde prominent vertreten,
wenngleich mehrere weitere Arten bekannt sind),
der offensichtlich nicht die Erde ist, auch wenn die Bewohner ihn
verschiedendlich als „Erde“ bezeichnen und sonstige Flora und
Fauna zumindest gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. |
Insofern sind auch
Platthaus Verweise auf neueste Studien über die Geschichte des
Entenhausener Münsters (Der Donaldist 145 (2013)) und die Taufe von
Daisy Duck wenig zielführend. Während Horsts Deutung der
Veronkelung als freimaurerische Familienfeindschaft zumindest
originell ist, sich aber kaum gegen die gut belegte vorherrschende
Auslegung als puritanische („familienfreundliche“)
Sexualverdrängung durchsetzen wird, sind andere Behauptungen
schlichtweg falsch. So tragen etwa die Ducks durchweg keine
Handschuhe, die Panzerknacker, die laut Horst ausgerechnet als einzige keine freimaurerischen Handbekleidung kennen sollen,
dagegen recht regelmäßig. Es verwundert hingegen ebenfalls, dass der
bekennende Donaldist Platthaus offensichtlich ebensowenig Ahnung hat
und mit deutlich antikatholischer Spitze Horst der Lüge zeiht und
behauptet, in Entenhausen trage niemand weiße Handschuhe. Das ist –
auch ohne die hier indifferenten Panzerknacker – nachweislich
falsch. Die überwiegende Mehrzahl der Charaktere um Micky Maus
trägt offensichtlich die weisse Handbekleidung. Zwar unterscheidet die
englischsprachige Welt zwischen der Heimatstadt von Micky Maus
(Mouseville und verschiedene Varianten) und der Donald Ducks (Duckburg),
doch in der deutschen Übersetzung leben beide in „Entenhausen“.
(ds)
Guido Horst, Wer ist dieser Mann? Die Abschaffung der Familie im Geist von Entenhausen. Ein Beitrag zur fünften Jahreszeit – und zur kommenden Bischofssynode, in: Vatican magazin 2/2014, 8-12.
Andreas Platthaus, Gottlose Ducks. Sündhaftes Entenhausen: Atheismus, Freimaurerei und Wertezerfall in Entenhausen? Das glaubt ein katholisches Magazin erkannt zu haben. Und sorgt sich sehr, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 2. März 2014.
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