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12. Februar 2016 Pastorale Irrtümer: Das "Gebet um Humor" des Heiligen Thomas Morus
Seit Jahrzehnten wird in mehr und in weniger frommen Gebets- und Andachtsbüchern das „Gebet um Humor“ dem englischen Märtyrer Thomas Morus zugeschrieben. Über lange Zeit war es mit seiner berühmten Zeile „Schenke mir eine gute Verdauung, o Herr, und auch etwas zum Verdauen“ unter dieser Autorenangabe sogar im „Gotteslob“ abgedruckt.
Dabei hatte bereits 1964 der französische Morusspezialist Germain Marc'hadour in der Fachzeitschrift Moreana festgestellt, daß es sich im gesamten Werk des Heiligen nicht finden läßt. Es sei außerdem „eindeutig eine sehr moderne Komposition“ und klinge „überhaupt nicht wie die authentischen Gebete Thomas Morus“. Tatsächlich handelt es sich um ein Gedicht des Briten Thomas Henry Basil Webb, der am 1. Dezember 1917 neunzehnjährig in der Schlacht an der Somme fiel. Der deutschsprachigen Variante, die wohl auf das Buch „Wie wir beten können“ (1970) von Jörg Zink zurückgeht, wurde die im Original durch Wortwahl, Versmaß und Reim erzeugte humoristische Leichtigkeit durch den Übersetzer bedauerlicherweise vollständig genommen.
Literatur
Germain Marc'hadour, A Wrong Ascription, in: Moreana 1 (1964), 44f.
Germain Marc'hadour, Most Famous of More's Spurious Prayers: Give Me a Good Digestion ... , in: Moreana 9 (1972), 93-99.
Germain Marc'hadour, Sur la prière apocryphe de Thomas More selon Thomas Webb, in: Moreana 20 (1983), 197-199.
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